Vereinsnews

  • Heute traf ich unseren Generalsuperseniormanager of Financial Affaires, also den Kassenwart (ich werde das nie verstehen, warum unsere Vereinsfunktionäre diese überdimensionierten Titel tragen müssen) im örtlichen Supermarkt meines Vertrauens. Irgendwie sah der etwas anders aus und roch auch wie ein ganzes Wirtshaus. Ich nahm ihn natürlich kollegial zur Seite und fragte, was denn mit ihm los sei und sagte, dass es vielleicht für einen Mann in seiner verantwortungsvollen Position nicht schicklich sei, sich in diesem Zustand in der Öffentlichkeit zu bewegen.
    Ja, ja nuschelte er, ich habe ja gut reden und ob ich auch ordentlich stolz sei. Ich überlegte kurz. Ja, die letzten Verhandlungen waren hart gewesen und ich hatte mich gut geschlagen, mich gut gegen diese unsäglichen Spielerberater und ihre monströsen Forderungen behaupten können. Daher sagte ich meinem Gegenüber der etwas wackelig am Schnapsregal lehnte, dass ich mit den Verhandlungsergebnissen durchaus zufrieden sei.
    Daraufhin brüllte er den ganzen Laden zusammen, dass ich das ja nicht alles bezahlen müsse, was ich da verzapft hätte. Vom preiswertesten Kader der Liga, den Pápa einmal gehabt habe, könne nun ja wohl keine Rede mehr sein und wenn jetzt auch noch Grün seine unverschämten Forderungen durchbekäme, dann wäre auch die Pension des Vereinshauswirts in Gefahr. Außerdem habe er schon seinen Urlaub stornieren müssen und seinen Dienstwagen habe er auch jetzt nur noch zwei Nummern kleiner bekommen und überhaupt wäre er gerade etwas klamm und ob ich ihm nicht mit ein paar Euro aushelfen könne. Dabei fiel mir endlich auf, was so anders als sonst bei ihm war. Es waren seine roten verweinten Augen. Klare Sache, der Mann war verzweifelt. Also sponserte ich ihn mit etwas weiterem Hochprozentigem.
    Jetzt wieder beruhigt raunte er mir vertraulich zu, dass die Sache mit dem Gehalt für den Co-Trainer ja auch noch nicht durch sei. Ich solle mir aber keine Sorgen machen, er habe schon einen Plan mit dem Präsi ausgekungelt: Der Co-Trainer bekäme halb soviel Gehalt wie ich. Ich klopfte dem Kassenwart auf die Schulter und meinte, das wäre ein fairer Kurs. Ja meinte er, er hätte schon gewusst, dass ich mit der anderen Hälfte meines momentanen Gehalts auch zufrieden wäre. Der entsprechende Brief sei schon unterwegs. In dem Moment gingen nun mir die Augen über und wir beide verbrachten den Rest des Tages weinend auf einer Bank im Stadtpark.

  • Jetzt weiß ich endlich, was mit Zoltan Dósa los ist! Für alle, die nicht wissen, wer Zoltan Dósa ist, was ich nur nachvollziehen kann, sei gesagt, Zoltan Dósa ist mein missmutiger und immer unmotivierter Torwart.
    Der Mann ist ein absolutes Phänomen. Nein, er ist nicht überdurchschnittlich gut oder reißt seine Abwehr mit und treibt sie zu Höchstleistungen an. Er ist einfach nur mies drauf.
    Motivationswerte von 98 und schlechter sind der Regelfall. Gut, wenn einmal wieder ein Spiel verloren wird und er viermal hinter sich greifen muss, ist ein Tormann nicht wirklich begeistert, aber vor dem nächsten Spiel ist er zumindest wieder bei 100 Prozent. Schließlich ist man ja Profi. Nicht Dósa. Da hilft auch kein Tag ohne Training oder ein Besuch beim Italiener. Einfach nichts zu machen. Also fragte ich das mächtige Orakel in Bergkamen um Rat. Die Antwort, die ich erhielt machte Sinn, auch wenn mir die Konsequenzen zu Zeiten von knappen Kassen nicht wirklich gefielen. Einfach gesagt, ich bot Dósa einen neuen Vertrag mit für ihn besseren Konditionen an. Alles bestens, er nahm den neuen Vertrag selig an, es funktionierte: Die Motivation stieg auf 102% an. Damit konnte ich doch gut leben. Gepriesen sei das Orakel!
    Leider nahm die Motivation aber bei Dósa nach und nach wieder ab. Mittlerweile sind wir erneut bei 98% angekommen und eine Besserung ist nicht in Sicht
    Die nächste Beratungsstufe war dran. Mal schauen was die Alten Herren im Vereinsheim so raten. Aber auch der Oli, der Jens, selbst der Norbert, der Dino und der Sepp wussten keinen Rat. Mit Dósa selbst zu sprechen habe ich natürlich auch versucht. Es machte keinen Sinn: Der Monitor wollte nicht antworten und meine Familie hatte kein Verständnis für meine aufkommende Verzweiflung und überprüfte lediglich, ob ich Fieber oder zu viel Bier hätte.
    Dann der Geistesblitz: Dósa ist tief in seinem Inneren ein verkappter Stürmer! Kein Wunder das er als Torwart schlecht drauf kommt. Der Mann will Tore schießen und nicht verhindern.
    Leider musste ich feststellen, dass ich zu diesem Zeitpunkt tatsächlich Fieber und zu viel Bier hatte.
    Die Lösung ist nämlich viel simpler: Dósa ist einfach nur dauerhaft mies drauf und hasst es Fußball zu spielen. Eine bessere Antwort weiß ich zur Zeit nicht.

  • Uihjujui, es brodelt in Pápa. In den letzten 6 Spielen konnten die Pápas gerade mal 2 jämmerliche Pünktchen einfahren. Das ist einfach zu wenig. Es ist nicht zu leugnen: Das Klima auf dem Trainingsgelände wird damit gleich rauer. So hing das Kostüm des Maskottchens mit der Nachricht "Noch eine Pleite und du hast das beim nächsten Heimspiel an!" in meinem Spind. Auch im Vereinsheim kippte die Stimmung. Der Wirt sprach mich z.B. heute, gleich nachdem wir wieder aus Budapest zurückkamen, darauf an, ob ich nicht mal meinen Deckel bezahlen wolle, schließlich wäre es ja nicht sicher, ob ich das nächste Krippenspiel mitmachen dürfe -schluck- .
    Man muss dazu sagen, dass der Wirt der Schwippschwager vom Presi ist und der Senior-Chief of Sportsfacillities-Management, also der Zeugwart ist der Cousin dritten Grades des Platzwarts. Da kann einem Trainer schon einmal Angst und Bange werden, ob das Engagement tatsächlich bis zum vereinbarten Zeitpunkt hält.
    Also morgen geht's gleich um 8.00 Uhr raus zum Training und dann laden wir unsere zwei Ultras noch zum Frühstück mit der Mannschaft ins Vereinsheim ein. Schließlich muss man ja die treuesten Fans ein wenig verwöhnen und der Wirt wird auch noch gleich etwas besänftigt. Nur, ob ich den Tipp vom Mannschaftsrat annehme und das Maskottchenkostüm schon mal zum Training ausprobiere, überlege ich mir noch einmal.

  • Vom Trübsal des grauen Novembers ist zur Zeit in Pápa nichts mehr zu spüren. Jetzt, wo noch 4 Spieltage anstehen und noch 12 Punkte zu verteilen sind, ist es schon sicher, dass die Erwartungen der Fans erfüllt werden und Platz 10 klar erreicht wird. Nach zwei überraschenden Siegen gegen vermeintlich stärkere Gegner, ist sogar ein einstelliger Tabellenplatz durchaus realistisch geworden.
    In den letzten vier Jahren hat sich also das eine oder andere geändert. Insbesondere konnte das Stadion auf eine Größe von nun recht ordentlichen 15120 Plätzen ausgebaut werden. Sicher ist das im Vergleich zu den großen Vereinen in den ungarischen Ligen recht bescheiden, aber dafür spielen die Pápas nicht all zu selten vor ausverkauftem Haus.
    Auch in die Jugend wurde gewinnbringend investiert, so dass es in der kommenden Saison mit Sicherheit Umbrüche geben wird. Sehr wahrscheinlich wird Semjén die Pápas in Richtung NB1 verlassen und dabei Möglichkeiten für den weiteren Aufbau des Vereins eröffnen.
    Ach übrigens, die Sache mit dem Maskottchenkostüm hat sich für mich von selbst erledigt: Zum einen passte ich einfach nicht in das Ding rein und zum anderen hatte der Schwiegersohn vom Presi einen Kratzer in den Vereinsbus gefahren und muss daher für den Rest der Saison als Maskottchen auflaufen.

  • Jetzt ging es dann schneller als gedacht: Nachdem Gustav Sémjen nun doch seinen Geburtstag nur mit den Nachwuchsspielern feiern will und die Sponsorenverhandlungen unter Dach und Fach sind, wird es Zeit leise aus Pápa zu verschwinden. Eine ganze Menge ist in den letzten Jahren hier passiert: Der Verein hat sich vom verlässlichen Punktelieferant zu einem ernstzunehmenden Verein der zweiten ungarischen Liga gemausert und auch der Vereinsvorstand ist immerhin schon semi-profesionell zu nennen. Nicht zu vergessen ist der mittlerweile vorhandene Mannschaftsbus ;) .
    Der Platzwart bringt mich netterweise zum Bahnhof. Zum Abschied kramt er aus den Tiefen seiner Jackentasche ein Portrait von mir heraus. Selbst gebastelt, aus Streichhölzern, sagt er stolz. Irgendwie fehlen mir die leicht schrulligen Typen schon jetzt.
    Ich wünsche den Pápas alles Gute und drücke die Daumen, dass sie ihre Position in der Liga festigen und das vielleicht dann doch einmal der Aufstieg Wirklichkeit wird.