A rasches Plauscherl mit:
Andreas Gerster (Team-Manager)
Andreas Gerster, der SCV legt mehr und mehr die Rolle des Abstiegskandidaten ab. Verwundert Sie, wie konkurrenzfähig Ihr Team ist?
Nicht unbedingt. So eine gute Figur abzugeben und damit weit mehr als Haltungsnoten einzufahren, das konnte man natürlich nicht erwarten. Trotzdem sehe ich täglich, welches Potenzial in meiner Mannschaft steckt. Wir feilen akribisch an unserem Fußball und haben mit ihm eine gemeinsame Stärke aufgebaut. Dass wir so auch qualitativ hochwertige Einzelspieler fordern können, hat sich schon in den letzten beiden Saisons gezeigt. Seit wir in der zweiten Liga sind, spielen wir in den meisten Partien mindestens auf Augenhöhe. Ein fantastisches Zeugnis für die Jungs. Dennoch muss ich widersprechen: Auch in den letzten Wochen wurde wieder eingekauft bei einigen Aufsteigern. Es pumpt immer mehr Geld durch die Leitungen und da bleibt jeder Punkt einer gegen den Abstieg.
Anders machen muss es der Liesinger ATL, der sich kostspielige Transfers nicht leisten kann und relativ abgeschlagen den vorletzten Tabellenplatz belegt. Zurzeit sind es 9 Punkte, die sich bis zum rettenden Ufer angesammelt haben. Wie sehen Sie Ihren nächsten Kontrahenten, der noch sieglos ist?
Liesing ist ein ganz seriöser Verein und ein gutes Beispiel für die heutigen Verhältnisse der Liga. Eigentlich holt August dort eine Menge raus, man ist gleich wieder souverän aufgestiegen. Aber die bemerkenswerte Arbeit findet leider kaum Beachtung, weil die Liesinger von einer riesigen Abstiegszone und aufrüstenden Mitbewerbern erdrückt werden. Dabei sind sie auch jetzt gar nicht schlecht unterwegs. Die Ergebnisse sind oft knapp, zuletzt konnte man Horitschon ein 0:0 abtrotzen. Wir stellen uns auf einen robusten Riegel ein, der gefährlich werden kann. Das ist definitiv kein Selbstläufer, nur weil sie noch auf einen Dreier warten.
In der letzten Woche haben Sie die Marke von 3000 Tagen als Team-Manager des 1. SC Vöcklabruck erreicht. Würde es Sie nicht auch mal reizen, einen größeren Club mit anderen finanziellen Möglichkeiten zu übernehmen?
Ich liebe den Fußball, seit ich denken kann. Das ging immer schon über den eigenen Verein hinaus, weil mich stets die Vielfalt der Teams, der Spieler, der Fans, der Stadien und auch der Wettbewerbe fasziniert hat. Wenn mich etwas lockt, dann ist das kein höheres Budget, sondern die Inspiration – wie auch sonst im Leben. Ich will den ästhetischen, den herausfordernden, den bedeutsamen Weg gehen. Es wäre zum Beispiel sehr reizvoll, einen Traditionsclub von Bekanntheit wiederzubeleben und sein Umfeld glücklich zu machen. Wenn ich was anfange, muss eine Vision dahinterstehen. Und der Anspruch, vorhandenes Potenzial auszuschöpfen und nicht weniger abzuliefern, als am jeweiligen Ort möglich wäre. Doch eine Mission habe ich auch in Vöcklabruck. Eines Tages kann die Zeit für einen Wechsel gekommen sein, aber noch sind wir nicht fertig. Ich habe richtig Bock, hier weiter was voranzutreiben. Den Fans eine Mannschaft zu präsentieren, die selbst als Underdog offensiven Fußball spielt. Den beschaulichen SCV in Gefilden zu verankern, die normalerweise anderen vorbehalten sind. Etwas zurückzugeben in Dankbarkeit dafür, dass man mir damals die Chance gegeben hat. Ich war 23 und die Patrone musste sitzen aus Vereinssicht. Anderenfalls hätte man vielleicht endgültig im Amateurbereich Wurzeln geschlagen. Das vergesse ich nicht und es bleibt Teil meiner Motivation. Im Jahr 2026 wird der 1. SC Vöcklabruck 100 Jahre alt. Bis wenigstens dahin will ich hier der richtige Mann sein und einen gestandenen Zweitligisten auf die Beine gestellt haben. Vor dem Jubiläum aufzuhören, ist überhaupt kein Thema von meiner Seite.
Quelle: OÖNachrichten